Ein leises Hüsteln aus der Box, ein gelegentliches Prusten beim Reiten – als Pferdebesitzer kennen wir diese Geräusche. Doch wann ist ein Husten nur ein harmloses Räuspern und wann ein erstes Alarmzeichen für ernstere Atemwegserkrankungen? Seit 2016 fasst der Überbegriff "Equines Asthma" verschiedene chronische, nicht-infektiöse Atemwegserkrankungen beim Pferd zusammen. Man unterscheidet hierbei hauptsächlich zwischen dem schweren Asthma (früher RAO – Recurrent Airway Obstruction, auch Dämpfigkeit oder COB genannt) und dem milden bis moderaten Asthma (früher IAD – Inflammatory Airway Disease). Keine Sorge, Sie müssen kein Tierarzt sein, um wachsam zu werden. Ihre täglichen Beobachtungen sind Gold wert! Dieser Ratgeber hilft Ihnen, die subtilen Signale Ihres Pferdes besser zu deuten.
Der "einfache" Husten – Wann sollten Sie genauer hinhören?
Nicht jeder Huster bedeutet gleich das Schlimmste. Pferde können husten, um Staub oder kleine Partikel aus den Atemwegen zu befördern. Entscheidend sind die Umstände und die Häufigkeit:
- Gelegentlich und kurz: Ein einzelner Huster zu Beginn der Arbeit oder beim Fressen von staubigem Heu ist oft unbedenklich.
- Trocken oder produktiv? Achten Sie darauf, ob der Husten trocken und bellend klingt oder ob Schleim ausgeworfen wird.
- Wann hustet Ihr Pferd? Nur im Stall? Nur bei Belastung? Beim Fressen? Notieren Sie sich diese Beobachtungen.
Schweres Equines Asthma (früher RAO) – Die chronische Herausforderung
Schweres Asthma ist eine chronische, allergisch bedingte Entzündung der unteren Atemwege. Auslöser sind meist Allergene wie Schimmelpilzsporen und Staub im Heu oder in der Stallumgebung. Das Risiko steigt zwar mit dem Alter, und erste Symptome zeigen sich oft um das 9. bis 10. Lebensjahr, aber auch jüngere Pferde können betroffen sein.
Ihre Beobachtungen bei Verdacht auf schweres Asthma (RAO):
- Chronischer Husten: Oft anfallsartig, besonders in staubiger Umgebung.
- Erhöhte Atemfrequenz in Ruhe: Ein gesundes Pferd hat in Ruhe eine Atemfrequenz von etwa 8-16 Zügen pro Minute (manche Quellen geben 8-15 Züge/min an). Zählen Sie die Atemzüge Ihres Pferdes, wenn es entspannt ist. Eine dauerhaft erhöhte Frequenz ist ein Warnsignal. Beobachten Sie die Flankenbewegung – ist sie angestrengt?
- Nasenausfluss: Kann vorhanden sein, ist aber nicht immer ein Hauptmerkmal. Er kann von klar und minimal bis zu zäher reichen. Ein gelblicher oder eitriger Ausfluss deutet eher auf eine sekundäre bakterielle Infektion hin und sollte dringend tierärztlich abgeklärt werden.
- Leistungsminderung: Das Pferd ist schneller außer Atem, wirkt matt und unmotiviert. Diese Symptome sind jedoch unspezifisch und können auch auf andere Probleme (z.B. Schmerzen, Hufrehe, Herzerkrankungen) hinweisen – eine genaue Diagnose durch den Tierarzt ist wichtig.
- "Dampfrinne": In fortgeschrittenen Fällen entwickelt sich eine sichtbare Rinne entlang des Rippenbogens durch die übermäßige Beanspruchung der Bauchmuskulatur bei der Ausatmung.
- Geblähte Nüstern: Besonders während akuter Krankheitsschübe können die Nüstern auch in Ruhe gebläht sein. Bei milderen Formen ist dies oft subtiler.
Mildes bis Moderates Equines Asthma (früher IAD) – Die "leichtere" Entzündung
Diese Form des Asthmas betrifft Pferde aller Altersgruppen, wird aber häufiger bei jüngeren Sportpferden diagnostiziert. Die Symptome sind oft milder, können die Leistungsfähigkeit aber dennoch beeinträchtigen. Auslöser können Staub, Schadgase wie Ammoniak oder auch vorangegangene Virusinfektionen sein. Es gibt Hinweise auf eine gemeinsame allergische Pathogenese mit dem schweren Asthma, auch wenn ein direkter Übergang von IAD zu RAO nicht eindeutig belegt ist.
Ihre Beobachtungen bei Verdacht auf mildes/moderates Asthma (IAD):
- Gelegentlicher Husten: Oft nur während oder nach der Belastung.
- Leichter Nasenausfluss: Manchmal nur als feuchter Schimmer an den Nüstern sichtbar, oft klar.
- Verzögerte Erholung nach Anstrengung.
- Leichte Leistungsminderung.
- Allgemeinbefinden meist ungestört: Typischerweise tritt kein Fieber auf und der Appetit ist normal. Die Körpertemperatur eines gesunden Pferdes liegt zwischen 37,5 und 38,2 °C. Beachten Sie jedoch, dass manche neueren Quellen bereits Temperaturen über 38,0 °C als potenzielles Warnsignal sehen.
Sonderform: Sommerweide-Asthma (SP-RAO)
Wichtig zu wissen ist auch, dass es eine Form des schweren Asthmas gibt, die hauptsächlich auf der Weide während der Sommermonate auftritt ("Summer Pasture-Associated Severe Equine Asthma" oder SP-RAO), ausgelöst durch Pollen oder Schimmelpilze im Gras. Die Symptome ähneln denen des stallassoziierten schweren Asthmas.
Ihr "Diagnose-Werkzeugkasten" als Pferdebesitzer
Ihre scharfe Beobachtungsgabe ist der erste und wichtigste Schritt. Erstellen Sie ein kleines "Gesundheitstagebuch":
- Atmung in Ruhe: Frequenz, Tiefe, Anstrengung?
- Husten: Wann, wie oft, welcher Art?
- Nasenausfluss: Vorhanden? Farbe, Konsistenz?
- Leistungsbereitschaft & Allgemeinbefinden: Veränderungen?
- Umgebung: Stall, Weide, Futter – mögliche Auslöser?
Wann ist der Tierarzt gefragt? – Mehr als nur Beobachtung
Auch wenn Ihre Beobachtungen wertvoll sind, ersetzen sie niemals eine tierärztliche Diagnose. Ihr Tierarzt hat spezielle diagnostische Möglichkeiten wie:
- Endoskopie: Untersuchung der Atemwege mit einer Kamera.
- Bronchoalveoläre Lavage (BAL): Entnahme von Zellproben aus der tiefen Lunge zur zytologischen Untersuchung.
- Allergietests: Können helfen, spezifische Auslöser zu identifizieren.
Kontaktieren Sie Ihren Tierarzt, wenn:
- Der Husten länger als ein paar Tage anhält oder sich verschlimmert.
- Die Atemfrequenz in Ruhe dauerhaft erhöht ist.
- Fieber auftritt.
- Eitriger oder stark verfärbter Nasenausfluss sichtbar wird.
- Ihr Pferd offensichtliche Atemnot zeigt.
- Sie eine deutliche Leistungsminderung feststellen.
Behandlung und Management
Die Behandlung von Equinem Asthma stützt sich auf zwei Säulen: Optimierung der Haltungsbedingungen (Staubreduktion, hochwertiges, ggf. bedampftes Heu, gute Belüftung) und, falls nötig, medikamentöse Therapie (z.B. Kortikosteroide zur Entzündungshemmung und Bronchodilatatoren zur Erweiterung der Atemwege).
Je früher Equines Asthma erkannt und behandelt wird, desto besser sind die Prognosen. Ihre aufmerksame Beobachtung, kombiniert mit tierärztlicher Expertise, ist der Schlüssel, um Ihrem Pferd zu helfen, wieder frei durchzuatmen.
Ihre EquiAirLite